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Gewalt in der Pflege

Gewalt in der Pflege ist ein Problem, über das nur ungern gesprochen wird. Heimleitungen fürchten um den Ruf ihres Hauses, Angehörige können sich nicht vorstellen, dass es so etwas gibt und glauben den Berichten von Betroffenen nicht, Pflegekräfte schweigen aus Angst vor Repressalien und Arbeitsplatzverlust. Dabei ist die Dunkelziffer hoch und es kommt genauso zu körperlichen Misshandlungen wie zu subtileren Formen von Gewalt, die keine sichtbaren Spuren hinterlassen, aber genauso inakzeptabel sind. Gewalt beschränkt sich nicht auf Pflegeeinrichtungen, sondern geschieht auch bei der häuslichen Betreuung durch Angehörige.

Auslöser für Gewalt in der Pflege

Die Altenpflege ist ein schwerer Beruf, der hohe physische und psychische Anforderung stellt und besonders die Betreuung Demenzkranker führt häufig zu Konfliktsituationen, die Pflegekräfte an ihre Grenzen bringen. Mangelnde Kooperation, Verweigerungshaltung oder plötzliche Aggression bringen den oftmals sehr knapp kalkulierten Zeitrahmen in Gefahr und können dazu führen, dass die Pflegekraft die Geduld verliert. Ständige Personalknappheit, Zeit- und Leistungsdruck, Stress, Frustration, mangelnde Kommunikation und unbewältigte Konflikte innerhalb des Pflegeteams mindern die Belastbarkeit der Pflegekräfte.
Die Pflege eines Angehörigen in der häuslichen Umgebung kann für den Pflegenden eine Belastung darstellen, die oftmals zunächst unterschätzt wird. Eine solche 24-Stunden Betreuung bedeutet neben dem Verlust anderer Sozialkontakte auch körperliche Anstrengungen durch fehlende pflegerische Kenntnisse. Hinzu kommen Schlafmangel, seelische Belastungen und Fehleinschätzungen der Situation des Patienten, weil die persönliche Distanz fehlt. All diese Faktoren können sich gewaltfördernd auswirken.

Wo beginnt Gewalt in der Pflege?

Gewalt beginnt in dem Augenblick, wenn die Pflegekraft es ihrem Patienten gegenüber an Respekt und Höflichkeit fehlen lässt, seine Wünsche außer Acht lässt, ihm ihren eigenen Willen aufzwingt oder ihn vernachlässigt.
Gewalt liegt vor, wenn z.B.

  • Pflegemaßnahmen grob, nachlässig und in schamverletzender Weise durchgeführt werden.
  • Pflegebedürftige durch Anrede in Kindersprache, Duzen, anzügliche Witze oder unangemessene Kleidung/Frisur herabgewürdigt und gedemütigt werden.
  • das Anreichen von Mahlzeiten, Getränken und Medikamenten unter Zwang durchgeführt wird.
  • Fixierungen angelegt oder benötigte Geh- und Fortbewegungshilfsmittel außer Reichweite des Kranken gebracht werden, um seine Bewegungsfreiheit einzuschränken.
  • bei Demenzkranken die Notrufklingel außer Betrieb gesetzt wird, damit der Patient nicht grundlos klingelt.
  • Pflegebedürftige durch Wegschieben oder Festhalten körperlich bedrängt werden.
  • ohne Einwilligung Haare, Bart oder Fingernägel geschnitten oder bestimmte Hygienemaßnahmen (Duschen, Baden) erzwungen werden.

Gewaltprävention

Gewalt in der Pflege passiert meist im Affekt aufgrund Überforderung, mangelnder Sachkenntnis und fehlendem Einfühlungsvermögen. In der professionellen Pflege können ausreichend Pflegepersonal, regelmäßige Supervision, Fortbildungen und Teamgespräche dazu beitragen, dass aus Aggression keine Gewalt wird. Pflegende Angehörige sollten sich abgrenzen und öfter mal an sich denken.
Der Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen schafft die Möglichkeit, neue Kräfte zu sammeln und ambulante Pflegedienste oder Tageskliniken bieten regelmäßige Entlastungsmöglichkeiten.

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